„Ich war auf der Suche und wusste nicht genau wonach. Aber ich wollte Teil von Etwas sein, das für die Welt und für mich Sinn macht. Dann bin ich auf Otelo gestoßen und habe erkannt, dass die Menschen hier genauso ticken wie ich“, berichtet Jakob, während er sich die etwas längeren Haare aus der Stirn wischt. Seit einem Jahr ist er nun in der Genossenschaft angestellt. Ihr Firmensitz ist Vorchdorf, treffen finden aber auch in Vöcklabruck, Linz und Wien statt. „Ich mache jetzt Filme, Kurzdokus oder Portraits“, erzählt Jakob weiter. „Einerseits habe ich eigene Kunden, andererseits arbeite ich an großen Projekten aus der Genossenschaft mit. Und seit ich dabei bin, bin ich viel mutiger was meine eigenen Ideen betrifft, gehe jeden Tag neue Wege“. Mit „Dabei sein“ meint Jakob seine Arbeit im und mit dem Netzwerk von Otelo. Und Daniela, die vor ihrer Anstellung bei Otelo im Werbebereich tätig war, ergänzt: „Der Name Otelo bedeutet Offenes Technologielabor. Die Grundlage sind ein Raum und ein Team, das Menschen einlädt, Ideen vorzustellen, mit anderen zu teilen, weiterzuentwickeln und experimentell umzusetzen. Ganz ohne Druck entsteht hier Neues und Innovatives für eine ganze Region. Durch dieses Netzwerk bin ich in eine ganz neue Thematik und in einen vielfältigen Wirkungsbereich gekommen. Otelo hat mich beispielsweise dazu ermutigt, Menschen mit Bildern in Form von Graphic Recording zu versorgen“, so die begeisterte Grafikexpertin.
Visionäre und Pioniere
Otelo lebt also von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu geben. Daniela: „Otelo-Vereine sind ursprünglich Möglichkeitsräume, die verschiedenste Ideen mithilfe von kostenloser Infrastruktur und einem Gastgeberteam umsetzen. In solchen Otelos sind aber bald auch größere Projekte entstanden und über die oft sehr kleinen und regionalen Vereine hinausgewachsen. Und daraus kam die Sehnsucht, diese Projekte umfassender zu versorgen. Man war daher auf der Suche nach einer Unternehmensform für eine professionelle Abwicklung. In dieser sollten die Teilhaber ihr finanzielles Auskommen finden, soziale Absicherung genießen und natürlich weiterhin ihre Potentiale entwickeln können. Und da kam die Idee einer Genossenschaft ins Spiel“. Seit ihrer Gründung 2014 bietet nun genau diese Otelo-Genossenschaft vielfältige Dienstleistungen im Bereich der Beratung, Bildung, Gestaltung und Entwicklung. Medienfachleute, Coaches, Berater, Visionäre sowie Pioniere begleiten Prozesse und initiieren Projekte in sämtlichen technischen, medialen oder kreativen und künstlerischen Arbeitsfeldern und eröffnen damit neue Spielräume.
Genossenschaft – doch nicht so verstaubt?
Als 2010 die ersten Otelos entstanden, waren Themen wie „Neues Arbeiten“ und „Arbeiten der Zukunft“ brandaktuell. Damals machte Marianne, eines der federführenden Gründungsmitglieder von Otelo, erstmals Bekanntschaft mit Genossenschaft. In ihrem Masterstudienlehrgang für Gemeinwesenentwicklung an der Hochschule München verliebte sie sich sozusagen in diese Rechtsform. „Als Unternehmensberaterin hatte ich zunehmend das Gefühl, dass ganz viele Betriebe unter den globalisierten Bedingungen immer weniger selber gestalten können. Bei der Genossenschaft hingegen dachte ich anfangs zwar an eine etwas verstaubte Rechtsform – doch dann erkannte ich, dass sie ganz wunderbar soziale und ökonomische Ziele miteinander verbindet. Sie war die Antwort für mich, wie der Rahmen für ein lebensdienliches, flexibles und offenes Wirtschaften konkret aussehen kann“. Als Marianne dann wenig später den Vordenkern und Mitgründern Wolfang, Martin und Georg begegnete, war sie endgültig von der Otelo-Idee in Form einer Genossenschaft begeistert: „Ich konnte Unternehmerin bleiben und war trotzdem in ein Sozialsystem eingebettet. Die Tätigkeit, die ich heute ausübe, wäre ohne Genossenschaft nicht möglich. Deshalb trage ich dieses Modell auch gerne in die Welt hinaus und bin gerade als Unterstützerin dabei, weitere Genossenschaften zu gründen.“ Denn für Marianne ist klar: „Es sind unbedingt weitere und entsprechend große Unternehmensräume notwendig, wenn man Großes bewegen will.“
Raum für Inspiration
Als Genossenschaft hat Otelo genau so einen großen Raum für Inspiration, neue Ideen sowie innovative Zugänge geschaffen und hält das Wirtschaften für alle Beteiligten flexibel und lebendig. Positive Aufklärungsarbeit rund um die vielfältigen Möglichkeiten dieser Rechtsform hat dabei von Anfang an der Raiffeisenverband geleistet, erinnert sich Marianne: „Schon zum Zeitpunkt der Gründung stand er uns stärkend zur Seite. Die persönlichen Berater waren äußerst hilfreich, serviceorientiert und genau. Man beschäftigte sich lange mit uns und unserer Idee, um zu verstehen, was das mit Otelo genau werden soll. Wir konnten vom Erfahrungsschatz der Experten profitieren – und die haben ein für uns maßgeschneidertes Prozedere entworfen. Ein Dialog auf Augenhöhe von Anfang an. So ist der Raiffeisenverband nicht nur unser gesetzlich vorgeschriebener Wirtschaftsprüfer sondern auch ein wichtiger Partner und Berater. Eine wirklich gute Zusammenarbeit mit viel Mitspracherecht – das passt genau in unsere Philosophie.“
Wirtschaftliche Wellenbewegungen
Begeistert war und ist auch Markus von der Otelo-Genossenschaft: „Ich bin damals eingestiegen, weil ich auf der Suche nach unternehmerischen Handeln mit Sinn war. Es ist unglaublich, was für tolle Ideen in diesem eigentlich losen Konstrukt geboren werden.
Denn es gibt kein Konkurrenzdenken und keinen Druck. Was es hingegen schon gibt, sind Spielregeln für das unternehmerische Miteinander. Innerhalb unserer Genossenschaft ist alles maximal transparent – das heißt, jeder kennt den Verdienst oder die Rechnung des anderen. Wir müssen also kooperieren und dem anderen dabei auch vertrauen. Unser Büro ist somit ein Raum zum Arbeiten, zum Treffen, zum Leben, zum Spielen und zum Experimentieren“. Markus war vorher ebenfalls selbstständig und bezeichnet sich aktuell als „Social Media Worker“ – ein Sozialarbeiter für Jugendliche, der Technologievermittlung für jede Altersgruppe in Form von Workshops macht. Und gleichzeitig unterstützt er die Regionalvermittlung, um weitere offene Technologielabore entstehen zu lassen. „In ganz Österreich gibt es derzeit 25 solche Vereine und wir hoffen, es werden noch mehr. Denn wir brauchen Freiräume, um Lebensräume zu gestalten“, so der Technologiepionier.
Marianne, Daniela, Jakob und Markus sind sich jedenfalls einig, dass die Genossenschaft für jeden viele Vorteile bringt: „Was wir ebenfalls toll finden ist, dass jeder das gleiche Stimmrecht hat. Außerdem gleichen wir die wirtschaftlichen Wellenbewegungen gegenseitig aus und können dadurch ganz ohne Stress arbeiten. So helfen wir uns gegenseitig, jeder kann seine Stärken einbringen und schließlich sein volles Potenzial entfalten“.